Interview von Medianet mit Henning Heise, Obmann des Fuhrparkverbandes Austria im April 2025
Herr Heise, wie kam es zur Gründung des Fuhrparkverbandes Austria?
Die Idee entstand bereits 2015/2016, als wir feststellten, dass es unter Fuhrparkverantwortlichen einen enormen Bedarf an Information und Austausch gibt. Auf der Fleet Convention 2016 haben wir einfach mal ins Publikum gefragt, ob ein solcher Verband Sinn machen würde – über 80 Prozent haben mit „Ja“ geantwortet. Das war der Startschuss. 2017 wurde der Verband dann offiziell gegründet.
Wie hat sich der Verband seitdem entwickelt?
Sehr gut. Wir haben aktuell über 100 Mitglieder in Österreich, die insgesamt mehr als 30.000 Fahrzeuge betreiben. Rechnet man die internationalen Flotten der Mitgliedsunternehmen hinzu, sprechen wir sogar von über 60.000 Fahrzeugen. Und wir sind auch auf europäischer Ebene aktiv – 2018 haben wir mit anderen den Europäischen Fuhrparkverband FMFE (Fleet & Mobility Federation Europe) mitgegründet, der mittlerweile neun Länder und rund zwei Millionen Fahrzeuge umfasst.
Wer zählt zur Zielgruppe des Verbandes?
Grundsätzlich alle, die einen sogenannten „Nicht-Kerngeschäftsfuhrpark“ betreuen – also Flotten, mit denen das Unternehmen nicht direkt Geld verdient. Typischerweise also Dienstwagenflotten. Oft sind das Mitarbeitende, die „nicht schnell genug am Baum waren“, wie man so schön sagt – plötzlich sind sie Fuhrparkleiter. Dabei ist das eine hochverantwortliche Aufgabe: In nicht produzierenden Unternehmen zählt der Fuhrpark oft zu den Top-3-Budgetpositionen, direkt hinter Personal und Miete.
Welche Aufgaben übernimmt der Fuhrparkverband konkret?
Unser Fokus liegt auf Wissensvermittlung. Wir bieten Fachvorträge zu rechtlichen Rahmenbedingungen, Haftungsfragen und technischen Entwicklungen an. Dazu veranstalten wir Events mit Dienstleistern, etwa zur Kalibrierung von Windschutzscheiben. Unser Motto lautet: „Erfahrung und Wissen teilen“ – wir wollen helfen, den Beruf des Fuhrparkleiters zu professionalisieren und gleichzeitig eine Plattform für Austausch schaffen.
Ein wichtiges Thema ist sicher auch Ausbildung, oder?
Absolut. Wir haben festgestellt, dass es in Österreich zwar viele Ausbildungen gibt, aber keine spezifisch für Fuhrparkleiter. Dabei tragen diese enorm viel Verantwortung. In Kooperation mit dem Wifi bieten wir deshalb eine Ausbildung an. Der Kurs umfasst 32 Lerneinheiten an vier Tagen, geleitet von erfahrenen Fuhrparkleitern. Das Feedback ist durchwegs positiv – viele Teilnehmer sind überrascht, wie komplex und spannend das Thema Fuhrpark eigentlich ist.
Der Verband engagiert sich auch aktiv – ein Beispiel war die Nova-Erhöhung. Was war da los?
Wir haben uns damals gegen die geplante Nova-Erhöhung ausgesprochen, weil sie keine CO₂-Einsparungen brachte, sondern genau das Gegenteil bewirkte: Es kam zu Vorziehkäufen vor Inkrafttreten und anschließend zu einem Einbruch bei Neuwagenverkäufen. Ältere, emissionsintensivere Fahrzeuge blieben länger im Einsatz. Die Rechnung ist also nicht aufgegangen. Inzwischen wurde die Nova für Nutzfahrzeuge zum Glück wieder zurückgenommen – leider erst zur Jahresmitte 2025, was den Markt aktuell ausbremst.
Welche Themen stehen aktuell auf Ihrer Agenda?
Ein großes Thema ist die Elektromobilität. Der Rückgang der E-Zulassungen im letzten Jahr hat gezeigt, wie sehr Unsicherheit bei steuerlichen Rahmenbedingungen die Entwicklung bremst. Wir setzen uns daher für Planungssicherheit ein – die bestehenden Vorteile für Elektrofahrzeuge müssen erhalten bleiben, sonst gefährden wir nicht nur die Klimaziele, sondern auch die Industriearbeitsplätze in Europa.
Gibt es weitere Projekte des Verbandes im Jahr 2025?
Ja, wir wollen weiterwachsen und stärker regional präsent sein – etwa durch neue Kooperationen in Salzburg und Oberösterreich. Außerdem liegt uns das Thema alternative Mobilitätsformen am Herzen. Das umfasst Firmenräder, Job Bikes oder Mobilitätskonten. Gerade Letztere erlauben Mitarbeitenden, selbst zu entscheiden, ob sie etwa ein Klimaticket oder Carsharing nutzen – ein modernes Konzept, das gut in Ballungsräume wie Wien passt.
Wie fördern Sie diese neuen Mobilitätsformen konkret?
Zum Beispiel durch Veranstaltungen zum Thema E-Bike-Mobilität – inklusive Fahrsicherheitstraining mit dem ehemaligen Weltmeister Roland Königshofer. Wir wollen zeigen, dass Mobilität vielfältig sein kann: günstiger, sicherer, klimaschonender – und oft auch bequemer. Rail & Drive etwa ist ein tolles Angebot der ÖBB, das in vielen Unternehmen noch gar nicht bekannt ist. Unsere Aufgabe ist es, solche Optionen sichtbar zu machen.